Straßenbahn zum Hauptbahnhof

Berlin: Seit Freitag, 28. August, fahren zwei neue Straßenbahnlinen zum Hauptbahnhof. Damit findet ein Verkehrsprojekt seinen Abschluss, dessen Anfänge ins vorige Jahrtausend reichen: Laut einem Senatsbeschluss vom April 1993, der drei Jahre später vom Abgeordnetenhaus abgesegnet wurde, sollte die Strecke entlang der Invalidenstraße gemeinsam mit dem Bahnhof fertig sein. Spätestens.

Es sollte nicht sein. Denn das Land Berlin wollte auch einen Innenstadtring. Die Invalidenstraße gehörte dazu, war aber nicht breit genug. Der Wunsch nach mehr Platz für Autos brachte nicht nur Änderungen am Plan sondern auch die AnwohnerInnen auf denselben und das Projekt zum zeitweisen Erliegen. Gleichzeitig sparte der Senat Personal ein und löste 2008 die planende Abteilung auf. Die Federführung landete bei der BVG und die musste fast von vorn beginnen. Das Teuerste am Projekt war also vielleicht nicht die architektonisch auffallende neue Haltestelle am Hauptbahnhof, deren Kosten weithin Kritik auslösten.

Jetzt rollen die Bahnen aus drei Richtungen zum Hauptbahnhof und am Eröffnungstag durften die Gäste gratis mit. In fünf Jahren sollen die Gleise bis zum U-Bahnhof Turmstraße reichen und später bis zur Jungfernheide. Das ist gut, denn jeder öffentliche Fahrgast ist ein Bonuspunkt auf Berlins Klimakonto.

Als die Straßenbahn im Westteil abgeschafft wurde, war die globale Wetterlage kein Problem. Es hieß: „Freie Fahrt für freie Bürger”. Im Osten waren die Bürger nicht so frei, dafür wuchs das Gleisnetz und das Mitfahren kostete wenig. Nun, da der heißeste Sommer seit Beginn der Messungen den Beton der Stadtautobahnen reißen ließ, könnte dem mobilen Freiheitsbegriff der gesamtdeutschen Hauptstadt ein Update gut tun.

Vielleicht hört die Politik auf die Piratenpartei, die glaubt, öffentliche Mobilität müsse gratis sein. Zu wünschen ist auch, dass die Straßenbahn bei ihrer Rückkehr in die westlichen Bezirke Fahrt aufnehmen kann. Die Verwaltung stellt jedenfalls wieder IngenieurInnen ein.